Zu Unrecht sind Pfingstrosen in Vergessenheit geraten. Sie verlangen nur wenig Pflege, bieten zur Blütezeit einen herrlichen Anblick und sind auch danach noch ansehnlich wegen des gesunden, grünen, später bronzefarbenen Laubs. Werden Pfingstrosen richtig gepflanzt, hat man schon das Wichtigste zum späteren Gedeihen der Pflanzen vollbracht. Was hierbei zu berücksichtigen ist, können Sie auf den Seiten 216 bis 220 nachlesen. Unser Titelbild zeigt die sehr früh blühende Sorte 'Maimorgen', eine Hybride zwischen Paeonia mascula ssp. arietina x P. lactiflora.


Mehr Freude mit Pfingstrosen

HERMANN MÜSSEL

Dem Zug der Zeit folgend nach immer wieder neuen und interessanten Staudenarten und -sorten und auch in Anbetracht der gebotenen Fülle unter den farbenprächtigen Blühern fürs Beet oder die Rabatte, geraten althergebrachte und vertraute Gartenstauden sehr leicht ins Hintertreffen und werden bei Neuanlagen oft übersehen. Die Pfingstrosen, die gewiß mit zu den traditionellen Gartenstauden zählen, bieten dafür ein typisches Beispiel. Die Ansichten, daß sie zuviel Platz erfordern, zu massiv in der Blüte wirken oder nach anderen Erfahrungen nur unbefriedigend blühen, haben ihre Ursachen meist in einer falschen Sortenwahl oder auch in Fehlern bei der Pflanzung und Pflege. Entgegen derartigen Verallgemeinerungen sind diese vitalen und prächtigen Blüher vielmehr dazu angetan, auf Dauer viel Freude zu bereiten.


Bauernpfingstrosen

Unter den verschiedenen Arten der Gattung erscheinen zwei besonders wichtig. Das ist zum einen die herkömmliche Pfingstrose, nämlich die aus dem südlichen Alpen- und dem westlichen Balkangebiet stammende Paeonia officinalis, die in den gefüllten roten, rosa und weißen Formen nachweislich schon seit nahezu fünf Jahrhunderten in Gärten gepflegt wird und ihrer weiten Verbreitung wegen landläufig als Bauernpfingstrose bekannt ist. Für sie ist ihr Name auch insofern bezeichnend, als sie am sichersten zur Pfingstzeit, nämlich bereits im letzten Maidrittel, blüht. Zu dieser Zeit ist sie auch heute noch weithin ein Blickfang in ländlichen Gärten. Unter der Schwere der Blütenbälle fallen die Pflanzen oft breit auseinander, wenn sie nicht, wie oftmals zu sehen, mehr oder minder vorteilhaft hochgebunden werden.

Weniger barock in ihrer Erscheinung sind die viel zu selten gepflanzten einfachblühenden Sorten mit durchweg aufrecht stehenden Blüten, wie 'China Rose', leuchtend lachsrot, und 'Crimson Globe' mit duftenden, leuchtend karminroten Blüten. Die Pflanzen lieben einen warmen, durchlässigen Boden und sonnige Plätze. Sie regenerieren sich dann oft noch aus Teilstücken ihrer fleischigen Wurzeln, wenn sie einmal verpflanzt werden. Gute Partner zu ihnen sind hohe Bartiris und auch Rittersporn.

Aus der näheren Verwandtschaft der frühen Pfingstrose darf vor allem die auf dem Balkan heimische P. peregrina mit leuchtend zinnoberroten Blüten nicht übersehen werden. Sie wird gelegentlich in den Sorten 'Fire King'. 'Otto Froebel' und 'Sunshine' geführt, die sich nur wenig unterscheiden. Über den hellgrünen, aufrechten Laubbüschen sitzen die schalenförmigen einfachen Blüten mit goldgelben Staubgefäßen. Wie P. officinalis liebt auch sie warme, sonnige Plätze im Garten und die Gesellschaft mit Stauden ähnlicher Herkunft, wie Bartiris und Madonnenlilien.


Chinesische Pfingstrosen

Die bedeutendste Gruppe bilden die Edelpaonien oder die Chinesischen Pfingstrosen, das sind die Kulturformen von Paeonia lactiflora syn. P. chinerisis, die meist um 3 Wochen später als die Bauernpfingstrosen blühen. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts gelangten die ersten Pflanzen nach Europa, genauer nach England. Es waren bereits locker gefülltblühende Züchtungen, die in einer über tausend Jahre währenden Gartenkultur in China entstanden sind. Die sogleich einsetzende Züchtung entwickelte sich in verschiedene Richtungen. Vier Zuchtklassen werden heute unterschieden.


1. Einfache Päonien: Es sind sehr edle Formen mit ein oder zwei Kronblattkreisen. Sie wurden vornehmlich von englischen und deutschen Züchtern weiterentwickelt. Einige dieser noch um die Jahrhundertwende entstandenen Sorten sind in Weiß bis Zartrosa 'Angelika Kauffmann', 'Clairette' und 'Watteau', in Rosa 'Holbein' und 'Schwindt' sowie in Rot 'Hogarth' und 'Rembrandt'.

2. Japanische Päonien: Die einfache und lockere Blütenform in Verbindung mit verbänderten Staubgefäßen blieb vornehmlich die Zuchtrichtung der Japaner, deren Grundneigung für das Leichte und Graziöse sich darin ausdrucksvoll spiegelt. Meist tragen sie japanische Namen, zum Teil aber auch europäische, da sie vor allem in England und Holland weiterentwickelt wurden. Rotblühende Sorten sind 'King of England', 'Okinawa' und 'Suguru', weiß blüht 'Jean van Leuwen', rosagefärbt ist 'Petite Renée'.

3. Anemonenblütige Päonien: Sie liegen in der Blütenform zwischen den gefüllt- und den einfachblühenden Sorten. Die Umwandlung der Staubblätter zu Blütenblättern ist hier noch nicht vollkommen erfolgt, so daß die Füllung wie eine Quaste auf der Schale aus Kronblättern sitzt. Es finden sich aber Übergänge in jede Richtung. Bekannte Sorten sind 'Philomele', rosig rot mit gelblicher Füllung, und 'Primevere', zartlila bis weiß mit rahmfarbener Füllung.

4. Gefüllte Päonien: Das große Heer der Päonien-Sorten besteht im wesentlichen aus gefülltblühenden Sorten. Mehr noch als bei den übrigen handelt es sich um Züchtungen, die bald nach den ersten Einführungen aus China Mitte des vergangenen Jahrhunderts und in den Jahrzehnten danach entstanden sind. Ihre Namen verweisen meist auf französische Züchter, die zumindest die Züchtung in Europa eingeleitet haben. Von dem schwer zu überblickenden Heer an Sorten ist heute wie bei den anderen Gruppen ein Standardsortiment im Handel, das eine Auswahl der bewährtesten Sorten enthält. So kann hier auf die Kataloge verwiesen werden. Diese dort mit * bezeichneten Sorten sind durchweg straff-wüchsig oder gedrungen und neigen auch weniger dazu, sich mit ihren schweren Blütenbällen bei Regen, etwa wie die so beliebte rosablühende Schnittsorte 'Sarah Bernhard', zum Boden zu neigen. Bei der Wahl achte man nicht nur auf die Farbe, sondern auch auf die Blütezeit. Späte Sorten können um ein bis zwei Wochen später erblühen als frühe; bei einsetzendem kühlen Regenwetter im Juni und Juli geraten sie aber ähnlich wie empfindliche Rosen oft in Gefahr, durch Befall mit Botrytis, einem Grauschimmel, in der Knospe stecken zu bleiben.

Nachdem viele Jahrzehnte die Züchtung in Europa weitgehend geruht hat, zeichnet sich durch eine Fülle von Neueinführungen aus Amerika, wo die Züchtung intensiv weiterbetrieben wurde, förmlich eine Renaissance des Interesses an Päonien ab. Unter diesen Neuheiten sind einfache wie gefüllte Sorten, stets aber mit sehr gut geformten, farbschönen Blüten und mit nur mäßig starkem, dafür straffem, aufrechtem Wuchs, was ihre Verwendung in Staudenbeeten wesentlich erleichtert. Darunter sind aber auch eine Reihe schöner und interessanter Hybriden mit meist früher Blütezeit, die eine neue Entwicklung in der Züchtung ankündigen. Eine schon des längeren bekannte und sehr begehrte Hybride für den Liebhaber ist die Sorte 'Claire de Lune', deren gelbe Blütenfarbe auf die Abstammung von der kaukasischen Wildpäonie (P. mlokosewitschii) hinweist.


1 (Seite 216) Austrieb der Bauernpfingstrose (Paeonia officinalis).

2 (Seite 217) Päonien im Stauclenbeet gemeinsam mit Schwertlilien und Rittersporn.

3 P.-Lactiflora-Hybride 'Sarah Bernhard'.

4 'Claire de Lune', eine ältere, sehr beliebte Hybride.

5 Neu ist diese halbgefüllte Sorte 'Ludovica'.

6 Ebenfalls eine Neuzüchtung ist diese einfache Päonie 'J. C. Weguelin'.

7 P.-Lactiflora-Hybride 'Philomele'.

8 P. officinalis 'China Rose'.

9 P. peregrina 'Fire King'.

Pflegehinweise

Paeonia lactiflora

Boden: Mittelschwerer, humoser Lehmboden von leichtsaurer bis neutraler Reaktion.

Licht: Vollsonnig.

Feuchtigkeit: Reichliche Bodenfrische bei gutem Wasserabzug.

Düngung: Im Alter reichlich mit kalireichen Volldüngern, verteilt auf zwei Gaben im Frühjahr und Sommer (je 80-100 g/m2) nach der Blüte.

Pflanzung: Spatsommer bis Frühherbst. Knospen nur etwa fingerbreit mit Erde bedecken.

Vermehrung: Teilen der Wurzelstucke im Frühherbst in kleine Teilstucke mit nur 3 bis 5 Knospen.

Paeonia officinalis und Verwandte

Abweichend von voriger

Boden: Leichter bis mittelschwerer Lehmboden, auch mit höherem Kalkgehalt.

Feuchtigkeit: Lieber wärmeren, zeitweilig auch trockeneren Stand




Edelpäonien sollte man, zumal unter beschränkten Platzverhältnissen, einzeln und mit Bedacht verteilt pflanzen. Sie können die Rolle von Leitstauden übernehmen und der Pflanzung auch nach ihrer Blüte durch ihre gesunde und kräftige Gestalt als Gerüst dienen. Die Benachbarung will dennoch überlegt sein. Wie Beetstauden allgemein vertragen sie keinen beengten Stand. 70 bis 100 cm Abstand zu stärkeren Stauden ist angemessen. Gute Pflanznachbarn sind Rittersporn, hohe Lilien und Malven (Alcaea rosea und A. ficifolia). Zu freistehenden Pfingstrosen lassen sich auch sehr gut Sommerblumen pflanzen. So harmonieren nach den Erfahrungen in Weihenstephan sehr gut braungelbe Rudbeckia hirta und mehrblumige Sonnenblumen (Helianthus x intermedius) mit dem im Spätsommer bronzegetönten Laub der Päonien.

Wichtig für die Pflege ist, daß verblühende Stiele unter Schonung des Laubes beizeiten herausgeschnitten werden. Blatterkrankungen, die durch Grauschimmel auf Blütenteilen ihren Anfang nehmen, ist auf diesem Weg bereits vorzubeugen. Endgültig entfernt wird das Laub erst im Spätherbst. Schon bei der Pflanzung, die nur im Spätsommer bis Herbst mit gutem Erfolg möglich ist, werden häufig Fehler gemacht. Die Pflanzen oder auch Teilstücke dürfen keinesfalls zu groß sein und sollen nicht mehr als drei bis fünf Grundknospen besitzen. Ältere Stöcke wurzeln schlecht ein und werden deshalb auch später kaum oder nur schwach blühen.

Beim Pflanzen muß man ferner beachten, daß der Wurzelstock nur so tief gesetzt wird, daß die Knospen etwa fingerbreit mit Erde bedeckt sind. Zu tiefes Pflanzen kann die Blühfreudigkeit hemmen, aber auch die Anfälligkeit für Stengelgrundfäule begünstigen, die auf schweren und feuchten Böden besonders gerne bei P. officinalis und P. peregrina auftritt.

Päonien können wohl über ein bis zwei Jahrzehnte am selben Standplatz verbleiben, doch müssen dann auch alle anderen Bedingungen günstig liegen. Dazu gehört ein frischer, lehmiger, gut mit Humus versorgter Boden von neutraler, besser noch leicht saurer Reaktion und jährliche gute Düngung. Man verabreicht bei älteren Pflanzen zweckmäßig eine Düngergabe im Frühjahr und eine weitere im Sommer mit jeweils 80 bis 100 g m2 eines kalireichen mineralischen oder 200 g eines organisch-mineralischen Volldüngers.

Wer Päonien pflanzt, muß ihre Ansprüche beachten und sich mit Geduld wappnen. Damit sie schließlich auch auf Dauer Freude bereiten, ist es ebenso wichtig, ihren Platz im Garten mit Überlegung so zu wählen, daß sie sich über viele Jahre ungestört entfalten können. Schöne und edle Sorten sollten diese Aufmerksamkeit belohnen.