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Bevor ich eine Auseinandersetzung des Plans meiner Arbeit beginne, halte ich es für nothwendig die bisher veröffentlichten Arbeiten über die Amurflora, und ferner eine Uebersicht sämmtlicher Reisen und Excursionen im Amurlande, auf denen Pflanzen gesammelt worden sind, vorauszuschicken, letzteres — theils, weil sich gegenwärtiges Werk auf diese Reisen stutzt, theils damit der in Zukunft das Land bereisende Botaniker sehen könne, auf welche noch ganz unbekannten oder wenig erforschten Gegenden er seine Aufmerksamkeit zunächst zu wenden habe. Ich beginne mit den Reisen.

Turczaninow bereiste im Jahre 1833 den obern Amur von Ust-Strelotschnoi Karaul bis etwa Albasin, und schickte Pflanzen von dort an's Museum des botanischen Gartens.

Ich selbst untersuchte vom 11-ten — 25-ten Juli l854 die West- und Südküste sowie die Inseln der Bai de Castries, landete am 1-sten und 2-ten Augast am Cap Lazareff und an einer ihm gegenüber liegenden kleinen Felsinsel, und besuchte am 5-ten und 6-ten August die etwas südlich von der Amur-Mündung gelegene Insel Usjut, sowie das an der Mündung selbst gelegene Gillaken-Dorf Pronge. Ein Aufenthalt von einem Monate (vom 7-ten Aug. bis zum 6-ten Septbr.) in Nikolajewsk liess mich die Herbstflora der nächsten Umgegend dieses Ortes ziemlich gründlich kennen lernen, und während einer Reise zu Boote, die ich nach meinem Winteraufenthaltsorle, dem 300 Werst von Nikolajewsk Amur-aufwärts gelegenen Posten Mariinsk (Kitsi) machte, botanisirte ich überall wo ich landete, soweit es die vorgerückte Jahreszeit und die Kürze der mir vergönnten Zeit gestattete. Als ich am 21-ten September Mariinsk erreichte, war die Vegetation schon so herbstlich, dass ich nur noch vom 9-ten — 22-ten October einen Ausflug über den See von Kitsi und über Land nach der Bai de Castries machte, um dort Meerespflanzen zu beobachten. Am 29-ten April 1855, d. h. sogleich nach dem Aufgange des Eises ging ich in zwei zweirudrigen Böten den Amur aufwärts, um sodann wie ich hoffte in den Ussuri einzudringen, allein nachdem ich zu Ende Mai die Dondon-Mündung erreicht hatte, zwangen mich Umstände, deren Erörterung hier fern liegt, nach Kitsi zurückzukehren, von wo ich erst nach einem 21-tägigen Aufenthalte am 24-ten Juni, dies Mal blos mit einem Boote und nur zwei Ruderern, eine zweite Reise flussaufwärts antreten konnte. Jetzt gelang es mir am 1-sten Aug. in den Ussuri einzudringen und ihn bis zur Einmündung des Nor aufwärts zu verfolgen (11-ten August), worauf aber Mangel an Provision und Krankheit eines meiner Ruderer sowohl mich als L. von Schrenck. mit dem ich die Reise zusammen gemacht hatte, zur Rückkehr nach Mariinsk zwang, das wir am 3-ten September erreichten. Der hier bereits eingetretene Spätherbst hinderte mich an weitern Reisen. Das Frühjahr des Jahres l856 musste ich, mit Ausnahme einer kleinen Excursion nach der Mündung des in den Kitsi-See fallenden, von Süden kommenden Jai-Flusses, im Posten Mariinsk zubringen, da man in diesem Jahre einen Angriff der Alliirten auf die Amur-Mündung erwartete: nur nach eingetroffener Friedens-Nachricht erhielt ich wieder Ruderer, musste mich aber zugleich auch zur Rückreise nach St. Petersburg rüsten. Erst am 8-ten Juli gelang es mir aufzubrechen; es war so spät geworden, dass ich meine Reise sehr beeilen musste, wollte ich noch vor dem Gefrieren des Amur im ersten russischen Dorfe in Trans-Baikalien eintreffen, und somit durfte ich auf weiter